Wilhelms Anekdoten zur Donnerbrauerei Teil II
19. August 2010 Donnerbrauerei Geschichten von Manfred - schriftlich erfasst von Erika Neumann. Teil 8: Mälzerei Tivoli
- Malzkaffee
In der Tivoli-Mälzerei wurde auch Malzkaffee hergestellt. Er war wie der berühmte "Kathreiner Malzkaffee". Er war urgesund, verursachte keinen hohen Blutdruck oder Herzrasen und hatte auch sonst keine Nebenwirkungen. Der Geschmack war - gelinde gesagt - etwas gewöhnungsbedürftig. Man konnte ihn dem Esel ins Ohr schütten und er hätte noch nicht mal mit einer Wimper gezuckt. Der Kaffee wurde aus Gerstengrünmalz hergestellt. Die Körner wurden auf feinen, runden Sieben mit hohem Rand geröstet. Permanent wurden sie von einer Art Rührwerk bewegt und gewendet, bis sie ihre schwarz-braune Farbe hatten. Nach dem Abkühlen wurden sie in Papiertüten verpackt, ähnlich den heutigen Kaffeepäckchen und in Kartons verstaut.
Hatten der Fritz und ich nun am letzten Wochentag Feierabend, so bekamen wir Deputatkaffee in großen Mengen. Auch andere Betriebsangehörige schusterten uns noch Kaffee zu, so dass eine richtig große Menge zusammenkam. Nun fuhr üblicherweise am Freitagmittag gegen 16.00 Uhr noch ein Malzlaster nach Saarlouis in die Donner Brauerei. Er nahm uns mit und der Kaffee wurde in allen Ecken verstaut, so dass wir kaum noch sitzen konnten. Zu Hause versuchte ich nun verzweifelt, den Kaffee an Verwandte und Freunde zu verschenken. In der russisch besetzten Zone in Ulbrichtland wäre er sicherlich willkommen gewesen. Dort wussten die Menschen zu dieser Zeit damals auch noch einfache Dinge zu schätzen.
18. August 2010 Donnerbrauerei Geschichten von Manfred - schriftlich erfasst von Erika Neumann. Teil 7: Wie auf einmal die Weihnachtsgeschenke
von der Firma Commerçon in der Donner-Brauerei verschwanden
Die Buffets und Theken in den Kneipen wurden ausnahmslos von der Firma Commerçon geliefert und meist auch aufgestellt. Die Installation für Bier, Wasser und Strom tätigten dann mein Vater und der Heinrich Fissabré. Einige Wochen vor Weihnachten spendierte die Firma Commerçon jedes Jahr einen ganzen Berg von Geschenkpaketen. Es waren mittelgroße Pappkisten. Sie waren gefüllt mit allen möglichen schönen Sachen. Es gab z.B. Taschenmesser im Lederetui, Sturmfeuerzeuge, Korkenzieher, Schuhlöffel, Lebens- und Genussmittel. Die Kartons waren randvoll und wurden hauptsächlich an die Arbeiter und Handwerker verteilt. Ach mein Vater brachte dann ein oder sogar mehrere Päckchen mit nach Hause. Es war wie Weihnachten vor Weihnachten. Für uns arme Leute war das jedes Mal ein kleines Fest.
Eines Jahres jedoch wurde kein einziges Paket verteilt. Auch im folgenden Jahr gab es nichts. Alle wunderten sich und mutmaßten, dass die Firma Commerçon jetzt wohl sparen müsste.
Aus Zufall entdeckte ich den wahren Grund über das Ausbleiben der Pakete. Als ich noch spätabends in der Brauerei war - wir Lehrlinge fuhren 12-Stunden-Schicht von 18.00 Uhr - 6.00 Uhr morgens - sah ich, wie der damalige Braumeister sein Auto aus der Garage holte und vor das Büro fuhr. Es war ein sehr geräumiger Pkw. Das Auto war angefüllt bis unters Dach mit Geschenkpaketen der Firma Commerçon. Kofferraum, Rücksitz und Beifahrersitz waren zugestapelt bis unter die Decke. So ging das an die zwei Wochen lang jeden Tag.
Nun war mir klar, warum bei denjenigen, die den Wohlstand erwirtschafteten nichts angekommen war.
Nach dem Hochmut ist die Habgier die zweitschlimmste der sieben teuflischen Eigenschaften des Menschen. Sie zu unterdrücken gelingt eben nicht jedem Menschen.
Alle Erzählungen finden Sie u.a. in der Kindle eBook Serie ´Rodena: Brauereikultur des Saarlandes´: Band 2 Erzählung und Erinnerungen von Manfred Wilhelm (Brauer/Mälzer Donnerbrauerei GmbH)
Wilhelm, Manfred: Band 2: Erzählung und Erinnerungen von Manfred Wilhelm (Brauer/Mälzer Donnerbrauerei GmbH) (Rodena: Brauereikultur des Saarlandes, Kindle Edition), Hg. Rodena ePapers e.a., Wadgassen 2014.
Zu den Buchinformationen und Bestellmöglichkeit
siehe auch: Anekdoten zur Donnerbrauerei und Wilhelms Fakten zur Donnerbrauerei
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