|
|
Einleitung und erste Betrachtungen | 1898 bis 1914 | 1914 bis 1935 | 1936 bis 1945 | 1950 - 2009 | 2009
1898 bis zum 1. Weltkrieg: ABS, Actien-Brauerei Saarlouis und Aktien-Brauerei Saarlouis
Der Anfang der Donnerbräu
In Saarlouis wurde das Bier genauso früh oder spät gebraut wie in vielen anderen Städten. Deutliche Zeugnisse für das Vorhandensein von Brauereien sind die auch mit Stand 2009 existierenden Straßennamen wie "Alte-Brauerei-Straße", "Bierstraße"06 und "Neue-Brauerei-Straße"; hier befand sich db als Namensgeberin07.
Wobei einiges dafür spricht, dass es sich bei der eigentlichen Namensgeberin der "Neue-Brauerei-Straße" um den Brauereibetrieb auf dem Gelände der 1831 - 183306a erbauten Kaserne X. handelt. Dieser war dort seit 1880 ansässig.
- - -
Openstreetmap.org: Kartenausschnitt Saarlouis; der Bereich Alte-Brauerei-Straße (nachträglich eingetragen) und Bierstraße gehört dabei der "Saarlouiser Alststadt" an.
Eine weitere Quelle für das Bestehen von Brauereien in Saarlouis ist übrigens das Buch "Grundsätze der Finanzwissenschaft: mit besonderer Beziehung auf den preussischen Staat" von Carl Julius Bergius. 1865: "Die Mahlsteuer wird sowohl von den auf den städtischen Mühlen hergestellten, als auch von den in die Städte eingeführten Fabrikaten erhoben. Der Steuersatz für l Centner Waizen ist 2/3 Thlr. und für l Centner Roggen, Gerste, Buchwaizen und andere Getreidearten und Hülsenfrüchte 1/B Thlr., wenn daraus Mehl, Schrot, Graupen, Grütze und Gries durch eine Mühle bereitet werden. Malz und Getreide, welches zur Brennerei und Brauerei verwendet ist, unterliegt der Mahlsteuer nicht. Sie ist zu erlegen, bevor das Getreide zur Mühle kommt. Bewegliche Mahlmühlen, Handmühlen und Stampfen zu halten, ist in mahlsteuerpflichtigen Städten nicht erlaubt. In Breslau2), Trier, Liegnitz, Brieg und Saarlouis wird die Mahlsteuer von allen Getreidearten zu demselben Satz erhoben..." ff.
Doch lassen Sie uns das Vorhandensein einzelner Brauereibetriebe jetzt einfach als verifiziert feststellen und uns dem eigentlichen Schwerpunkt zuwenden, der:
Photo: in Graustufen umgewandeltes, Gamma-Wert geändertes Photo
Der "Absatzmarkt" war aber mit dem Bedarf direkt vor der Haustüre identisch und somit aus Sicht großer Brauereien - vor allem heutigen - recht bescheiden; vergleichbar mit dem Ausstoß von Familienbrauereien (< 10.000 Hektoliter) oder wie in Mettlach; nennenswerte Exporte sind nicht zu verzeichnen gewesen. Eine Großbrauerei existierte in der Festungsstadt des Sonnenkönigs - gut, das war natürlich gegen Ende der 1890er Jahre schon eine kleine Weile her - aber eben nicht.
Die Brauerei Bechthold Saarlouis sah ihrem Ende 1880 entgegen, war aber somit zwar eindeutig älter als die Donnerbräu, war aber halt ein typischer "Lokalversorger", im besten Doppelsinn des Wortes.
Wie so häufig, wenn die beiden großen Ws, also Wille und Wissen, aufeinandertreffen, bewegt sich aber etwas. Das Wissen brachte der Braumeister Oskar Tobias mit, den Willen die Saarlouiser Bürger, die sich an der neu zu gründenden Aktienbrauerei beteiligten. So wurde die Donnerbräu AG Saarlouis 1898 gegründet und ihre Produktion lief in den Jahren 1889/1900 an.
Sicherlich hatten die Gründer und auch die junge Brauerei mit Problemen zu kämpfen, vo rallem mit der Entfestung der Stadt Saarlouis, auf die wir gleich im Anschluss zu sprechen kommen. Aber, wie heisst es doch so schön: was uns nicht umbringt, macht uns nur härter.
Entfestung - ein positiver Schritt in die richtige Richtung. Nur etwas spät...
Bildausschnitt "Entfestungsarbeiten in Saarlouis "
nach deuframat.de, Teilausschnitt, Anne Hahn.
Dabei kam es der Actien-Brauerei zu gute, dass seit 1890 die Entfestung der Stadt endlich vorwärtsschritt und somit endlich etwas mehr Platz vor den Toren sowie im Kernbereich war und sich auch die Infrastruktur verbesserte, Punkte die der Festungsstadt soviel Probleme bereitet haben, dass neben dem Soutyhof (1893), nach H. J. Schu08, die Actien-Brauerei/Aktienbrauerei (1898) eine der wenigen größeren Fabrikationsneugründungen in der Stadt (Seite 86) zu dieser Zeit überhaupt war.
Photo: Saarlouis um 1900; Teil der Stadtansicht; Wikipedia unter GDLP. Einigermaßen gut erkennbar: viel Platz an den äußeren Rändern (ex muros/Zone non aedificandi) nach der Entfestung.
Eugen Wagner liefert dafür eine einleuchtende und gut nachvollziehbare Begründung, indem er wie folgt ausführt: "... Die späte Entfestung der Stadt war mit einer Gründe, wenn nicht der Hauptgrund, daß Saarlouis den Anschluß an die wirtschaftliche Entwicklung der benachbarten Saarstädte verpaßte..."08a. Auf gut Deutsch: in der Festung war einfach kein Platz mehr und Fortifikationsanweisungen taten jahrelang ihr Übriges. Eine Entwicklung, wie sie nach Eugen Wagner und anderen Autoren für viele Festungsstädte zutraf, wobei aber darauf hingewiesen wird, dass die betroffenen Städte größtenteils schon wesentlich früher als Saarlouis entfestigt wurden und somit neue Flächen in- und außerhalb der Mauerwerke sowie in der bebauungsfreien Zone industriell nutzbar gemacht worden waren.
Ein weiteres Problem, dass auch durch die Fortifikation resultierte, war die fehlende Berücksichtigung von Saarlouis im Bahnnetz. Denn dieses war, vor allem durch die wirtschaftlichen Dominanz der Hüttenstädte Dillingen und Völklingen mit der natürlich einhergehenden Bildung von Zentren, geprägt und berücksichtigte die wirtschaftlich sowie industriell unbedeutende Festungsstadt Saarlouis nicht. Dieses Problem wurde eigentlich erst mit der Eingemeindung Rodens mehr oder weniger gelöst - in diesem speziellen Punkt kann man geteilter Meinung sein. Natürlich versuchte es Saarlouis vor 1907 auch mit kostspieligen eigenen Lösungen, ich verweise hier auf das Kleinbahnnetz, die aber durchweg nicht befriedigend waren.
Ei wie lecker ;-) |
Schöne filigrane Arbeit im Schild, wobei sich diese in einem auf dem Kopf stehenden "B" wie Brauerei befindet. Das Kürzel "ABS" steht für "Actien-Brauerei Saarlouis" |
So oder so hatte Saarlouis nun wieder eine Brauerei. Und dies zeigte die Actien-Brauerei dadurch, dass sie das Stadtwappen in ihr Corporated Design, u.a. auf den Bierdeckeln, integrierte. "Hopfen und Malz - Gott erhalt's" - hört sich ja schon typisch bayrisch an. Beinahe so, als hätten die preußischen Brauer (Hinweis: Saarlouis gehörte zum preussischen Teil des Saarlandes) damals schon geahnt, dass die bayrischen Homburger, also Karlsberg, sie eines Tages schlucken würden.
Bevor es nun in die nächste Episode der Brauerei weitergeht noch zwei kleine Betrachtungen:
Die Pferdestarken der Brauereien - denn Brauenerzeugnisse ohne Logistik zur Verteilung machen nicht wirklich viel Sinn...
Das hergestellte Bier in der näheren Umgebung zu verteilen, dafür reichten anfangs die Pferdegespanne. Doch schon für das etwas entferntere Umland waren diese Gespanne zu langsam und konnten nicht genug pro Fuhre erledigen. Eine logische Entwicklung im Transportwesen der Brauereien war die Nutzung der technischen Entwicklung und das "Umsatteln" auf Laster und LKWs. Dies können Sie hier nachlesen. Brauereifahrzeuge und mehr...
Saarlauterner Bahnhof
Doch für den nationalen Transport, und demnach noch viel stärker für den internationalen Handel waren über lange Jahrzehnte die Bahnhöfe die erste Wahl. Nun besaß die Festungsstadt Saarlouis bis zur Entfestung zwar einen Bahnhof in Fraulautern, aber keine Brücke und direkte Zugangsmöglichkeit13a, es war also recht suboptimal.
Kartenauschnitt einer Karte von 1878. Schön zu erkennen die Entfernung Saarlouis-Fraulautern, Saarlouis-Roden.
Eine wirkliche Verbesserung entstand durch die Eingemeindung des Dorfes Rodens und die Integration des Rodener Bahnhofs 1907.
Rollten von hier aus die Bier- und Industrietransporte anfangs mehr nach Osten, wechselte dies mit Ende des 1. Weltkrieges und der "Sonderrolle" des Saargebietes nach Westen, also Frankreich. Nach 1936 dann wieder mehr nach Osten und zwischen 1949 und 1956 als weiteres Intermezzo wieder nach Westen.
Mit dem Anschluss an die BRD, eigentlich aber auch schon früher, lösten die LKWs die Bahn in den meisten Transportbereichen aber ab. Unter diesem Problem "krankt" der Bahnhof auch heute noch, neben anderen.
Kommen wir aber mal nach soviel Transportwesen wieder zurück in die nähere Umgebung der Brauerei. Denn da gab es doch noch etwas, was Rodener und Donnerbräu miteinander teilten. Wobei "teilen", wie Sie gleich lesen werden, nicht unbedingt der richtige Begriff ist ;-)
Rodener, Lisdorfer und das Läutern der Donnerbräu
Photo: Wasserfarbenzeichnung von Carsten mit Motivvorlage das Fensterglas aus dem Saarlouiser Museum (nur Teilausschnitt), dass im "Saal Wallerfangen" ausgestellt ist, Stand September 2009. Text am Exponat befestigt "Markenzeichen der Donner-Brauerei, Saarlouis, gegründet 1899, stillgelegt 1978. Erste Industrieansiedlung auf Saarlouiser Bann nach der Entfestung (1889)."
Eigentlich wollte ich hier eine richtig reißerische Artikelüberschrift daraus machen, vielleicht "db läuterte die Rodener und Lisdorfer", aber das hätte inhaltlich leider, leider nicht gestimmt ;-)
Es geht nämlich nicht um eine segensreich-reinigende Wirkung des Bieres, die so mancher begeisterter Trinker in dem köstlichen Gebräu zu verspüren glaubt, sondern vielmehr um den Prozess des Läuterns in der Brauerei und was danach "mit der Maische", oder korrekter dem Draff/Treber, geschah.
Die verbleibenden Schalen (Brennereien: dem Draff; Brauereien: dem Treber; ich nenne es im Folgenden DT) sind sehr eiweißreich und enthalten zudem Mineralstoffe und Spurenelemente und sind damit eigentlich ideal zur Verwendung als Kraft- und Mastfutter für die Tiere der umliegenden Bauern, z.B. in Roden und Lisdorf, gewesen. Da der DT noch mit Wasser vollgesogen war, musste man ihm, für einen leichteren Transport zuerst das Wasser entziehen. Dies geschah idR in der Eindampfungsanlage. Oder man musste halt schwer schleppen - Wasseranteil über 80%.
Befrägt man nun Zeitzeugen der Donnerbräu, erfährt man u.a. von Theo Speicher, dass es für Rodener ganz üblich war, diese Säcke der Brauerei abzukaufen und nach Hause zu bringen. Sprich: statt das die db für die Entsorgung des DT bezahlen musste, bekam sie auch noch Geld dafür. Gutes Nebengeschäft ;-)
nächstes Kapitel : 1. Weltkrieg und Weimarer Republik: Aufstieg und erste Übernahme
Auf Klick - eine kleine Spielerei
Quellangaben:
|
01 AUS: Seite „Brauerei“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2009, 23:20 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Brauerei&oldid=65164127 (Abgerufen: 4. Oktober 2009, 19:47 UTC) |
|
02a vgl. Schu und: SZ-Artikel "Beliebter Gerstensaft aus Saarlouis" von Frauke Scholl "... Oskar Tobias, Wilhelm Siegfried, Otto Schmidt, Else Schmidt..."; sowie IN: Verzeichnis der deutschen Aktiengesellschaften (1943 u. 44) |
|
02b vgl. Neunkirchen.de, KW 12 |
|
02c vgl. Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, Band 49, Teil 3. Veröffentlicht 1944. |
|
02 Ergänzung P. Wagner [Son, 04.10.09] |
|
03 Chronik St. Ingbert |
|
04 Deutsprachige Wikipedia, Artikel "Karlsberg Brauerei", zuletzt zugegriffen am 04.10.2009. |
|
05 International directory of company histories, Band 41. Tina Grant. Verlag St. James Press, 2001. S.222. |
|
05a http://wapedia.mobi/de/Walsheim_(Gersheim), zuletzt zugegriffen am 09. Oktober 2009 |
|
06 Benennung gesichert vor 1841; vgl. H. J. Schu, Seite 72 |
|
06a vgl. Kriegsschicksale deutscher Architektur: Verluste, Schäden, Wiederaufbau ... - Seite 1081von Hartwig Beseler, Niels Gutschow, Frauke Kretschmer - 1988 |
|
07 vgl. Patrick Gross |
|
08 vgl. "Chronik der Stadt Saarlouis, 1680-1980: e. chronolog. Bericht über d. Entwicklung d. Festungsstadt", Autor H. J. Schu, Verlag Saarbrücker Druckerei u. Verl., 1980. ISBN 392164626X, 9783921646267, Länge 160 Seiten. |
|
08a "Die Presse des Saargebiets und ihr Kampf gegen die französischen Annexionsbestrebungen in den Jahren 1918 bis 1925", Eugen Wagner, Saarbrücker Druckerei und Verlag, 1933. Seite 39. |
|
09 vgl.: "Die Entwicklung der Karlsberg Brauerei, 1918-1992: vom einfachen Mittelstandsbetrieb zum Unternehmensverbund im Spiegel der Regionalgeschichte und im Vergleich zur Branchenentwicklung", Autor Claus Hoffmann-Güth. Verlag SDV, 1998. ISBN 3930843323, 9783930843329, Länge 413 Seiten. |
|
09a wie 09 - Seite 77 ff. |
|
09b Seite „Geschichte des Saarlandes“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. Oktober 2009, 13:27 UTC. URL aufrufen: (Abgerufen: 17. Oktober 2009, 05:05 UTC) |
|
10 vgl.: Schu s.o., "Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften, Band 49, Teil 4" (Verlag Hoppenstedt, 1944) sowie "150 Jahre Stadt St. Ingbert (1829-1979) : eine Festschrift aus Anlass des 150. Geburtstages der Stadtverwaltung St. Ingberts", Autor Werner Hellenthal. Veröffentlicht 1979. und vgl.: SZ-Artikel "Beliebter Gerstensaft aus Saarlouis" von Frauke Scholl |
|
11 vgl. Aufzeichnungen Alfons Sohne |
|
12 AUS: Seite „Eichbaum-Brauereien“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. September 2009, 09:21 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eichbaum-Brauereien&oldid=64390344 (Abgerufen: 4. Oktober 2009, 19:55 UTC) |
|
13 vgl. SZ-Artikel "Als in Saarlouis noch Bier gebraut wurde", von Johannes A. Bodwing: "Dazu kamen Eiszubereitung, Fassschwenkhalle, Stallungen, Schreinerei, Maschinen- und Lagerräume." /VF |
|
13a "Von der ländlichen Festungsstadt zur bürgerlichen Kleinstadt: Stadtumbau zwischen Deutschland und Frankreich : Landau, Haguenau, Selestat und Belfort zwischen 1871 und 1930". Band 49 von Geschichtliche Landeskunde, Peter Heil. Verlag F. Steiner, 1999. vgl. Seite 14: "Gleichzeitig war der sogenannte Bahnhof von Saarlouis jenseits der nicht überbrückten Saar im Nachbarort Fraulautern gelegen und nur schwer, auf jeden Fall ..." |
|
13b Seite „Dünger“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. September 2009, 09:52 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=D%C3%BCnger&oldid=64962110 (Abgerufen: 12. Oktober 2009, 15:06 UTC) |
|
14 Bildquelle: Das obige Bild ist ein Bierdeckelausschnitt vermutlich von Bierdeckelsammler.de. SZ-Zitat VF: "Aber nicht, weil das Wasser ... sondern der Preis". |
|
15 vgl. SZ Artikel "Beliebter Gerstensaft aus Saarlouis" von Frauke Scholl. |
|
16a vgl. 15: "Heute sind von der alten ... zu sehen." |
|